Projekt Arbeitswelten
Übergänge Schule – Arbeit inklusiv gestalten
Kennzeichen einer inklusiven Gesellschaft ist es, dass alle Menschen als vollwertige Gesellschaftsmitglieder anerkannt werden und über Möglichkeiten verfügen, das eigene Leben selbstbestimmt zu gestalten. Inklusion im Arbeitsleben ist hierfür eine zentrale Voraussetzung.
Gegenwärtig ist diese Voraussetzung nicht für alle Menschen gegeben. Viele Jugendliche beispielsweise, die eine Sonderschule besuchen oder keinen Abschluss erhalten, haben am Ende ihrer schulischen Laufbahn geringe Zugangschancen zu gesellschaftlich anerkannten und existenzsichernden Arbeitsplätzen. Daher ist für viele Schülerinnen und Schüler von Sonderschulen der Weg in die Werkstatt für Menschen mit Behinderungen zu oft noch automatisch vorgegeben.
Das Projekt soll vor diesem Hintergrund neue Arbeitsperspektiven mit Jugendlichen erschließen, die bislang kaum Aussicht auf einen Platz in der allgemeinen Arbeitswelt haben. Ziel ist es, dass diese jungen Menschen nach der Schulzeit Alternativen zum Weg in eine Sondereinrichtung vorfinden und ihre individuellen Potenziale durch selbst bestimmte Tätigkeiten mitten im Gemeinwesen entfalten können.
Das Handlungsforschungsprojekt strebt dabei nach mehr Gestaltungsmöglichkeiten am Übergang Schule-Beruf für die beteiligten Jugendlichen selbst und forscht zugleich nach förderlichen Faktoren für Inklusion, die sich über den unmittelbaren Projektkontext hinaus übertragen lassen.
Ausgehend von einer Haltung der professionellen Parteilichkeit orientiert sich die Projektarbeit an den Interessen, Stärken und Bedürfnissen der teilnehmenden Schülerinnen bzw. Schüler und fragt dann, wo und wie im Gemeinwesen Arbeitsmöglichkeiten so gestaltet werden können, dass die jeweilige Person sich und ihre Fähigkeiten gut einbringen kann.
Für eine facettenreiche Wahrnehmung von Potenzialen der Hauptpersonen und für deren Zugänge zu angemessenen Arbeitsmöglichkeiten ist dabei eine systematische Netzwerkarbeit von heraus-ragender Bedeutung. Im Rahmen der mehrdimensionalen Netzwerkarbeit des Projektes werden die selbstbestimmte Gestaltung der persönlichen Zukunft und die Gestaltung eines inklusiven Arbeitslebens im Gemeinwesen miteinander verbunden. Das Vorgehen beinhaltet dabei u. a folgende Handlungsstrategien.
- Abeitsperspektiven erkunden und kommunizieren
Das Projekt schafft einen Rahmen für vielfältige Auseinandersetzungen mit Arbeitsperspektiven sowohl aus der jeweiligen Sicht der Hauptperson selbst wie auch aus den Blickwinkeln von Bezugspersonen und Akteur*innen im Gemeinwesen. Mit Hilfe unterschiedlicher Medien werden Träume, Erfahrungen, Ansichten und Aussichten erkundet, sichtbar, hörbar bzw. greifbar gemacht, um auf diese Weise Anregungs- und Entwicklungsräume für weiterführende Kommunikationsprozesse entstehen zu lassen. - Persönliche Zukunft mit Unterstützerinnen und Unterstützern gestalten
Ein zentrales methodisches Element des Projektes sind Persönliche Zukunftsplanungen mit Unterstütze*innenkreisen (PZP). Bei diesem Verfahren versammelt eine Person einen Kreis von Menschen um sich, die bereit sind, Träume und Stärken der Person gemeinsam mit ihr in einem moderierten Prozess wahrzunehmen und bei deren Realisierung zu helfen. Aus Träumen werden dabei Ziele, gemeinsam findet man Mittel und Wege, um sie zu erreichen. - Arbeitsplätze vor Ort finden und erfinden
Ein breites Spektrum unterschiedlicher Unterstützerinnen und Unterstützer trägt auch dazu bei, dass Zugänge zu Praktikumsstellen im Gemeinwesen leichter hergestellt werden können. Im Laufe von Praktika probieren sich die Schülerinnen und Schüler im Arbeitsleben aus. Sie selbst, ihre Bezugspersonen und die jeweiligen Arbeitsstellen sammeln dabei wichtige Erfahrungen, die der Entwicklung angemessener Arbeitsmöglichkeiten dienen.
Damit aus Praktika produktive Erfahrungen und schließlich dauerhafte Arbeitsplätze werden können, wird der fachlichen Begleitung von Praktikant*innen, Angehörigen und Betrieben wie auch der Kooperation mit Lehrer*innen und anderen Unterstützer*innen große Bedeutung beigemessen. - Nachhaltig stärkende Rahmenbedingungen schaffen
Das Projekt arbeitet auf unterschiedlichen Ebenen an der Entwicklung nachhaltig stärkender Rahmenbedingungen für Selbstbestimmung und Inklusion am Übergang Schule-Beruf. Dies betrifft insbesondere auch die Weiterentwicklung von lokalen Austausch- und Beratungsstrukturen. Nicht zuletzt Beratungen im Hinblick auf die Inanspruchnahme des Persönlichen Budgets zur Finanzierung selbstbestimmter Berufswege werden hierbei eine wichtige Rolle spielen. Das Projekt initiiert und unterstützt Austauschmöglichkeiten für die teilnehmenden Jugendlichen, Angehörige, Betriebe und Fachleute, die mit Fragen der Inklusion im Arbeitsleben befasst sind.
Im Rahmen vielfältiger Vernetzungsprozesse arbeitet das Projekt für nachhaltig stärkende Netzwerke auf den Ebenen der Personen, der sozialen Netzwerke, der relevanten Organisationen und des Gemeinwesens insgesamt. Ausgangspunkt hierfür sind die Vorerfahrungen und Ressourcen der Akteurinnen und Akteure vor Ort.
Das Projekt „Arbeitswelten“ wird in zwei Modellkommunen durchgeführt. Begonnen wurde im Herbst 2013 mit einer systematische Sondierung des örtlichen Wirkungsgefüges am Übergang Schule-Beruf sowie mit der Kontaktaufnahme zu relevanten Akteurinnen und Akteuren in diesem Feld. Gemeinsam mit vielfältigen Kooperationspartner*innen., z.B. den beteiligten Kommunen, Schulen[1] und anderen Akteur*innen werden seither im Rahmen des Projekts Zugänge und angemessene Rahmenbedingungen zur Unterstützung von benachteiligten Jugendlichen bei deren persönlicher Zukunftsgestaltung und für inklusionsorientierte Prozesse[2] im Arbeitsleben des Gemeinwesens geschaffen.
Projektzeitraum: | September 2013 bis August 2017 |
Sozialräume: | Ludwigsburg und Reutlingen |
Projektträger: | Evangelische Hochschule Ludwigsburg |
Wiss. Leitung: | Prof. Jo Jerg j.jerg@eh-ludwigburg.de / 07141 – 9745-254 |
Projektleiter/in: | Schwerpunkt Reutlingen: Kristina Heller (BA Inklusions-/Heilpädagogin) k.heller@eh-ludwigsburg.de / 07141-97452-73 Schwerpunkt Ludwigsburg: Sandra Fietkau (Dipl. Sozialpädagogin (FH), Moderatorin für PZP) s.fietkau@eh-ludwigsburg.de / 07141- 9745-250 |
Förderung: | Heidehof Stiftung, Stuttgart Paul Lechler Stiftung, Ludwigsburg |
[1] Dabei kooperiert das Projekt mit verschiedenen Sonderschulen aus dem Einzugsgebiet der beiden Sozialräume (Förderschwerpunkte: Sog. geistige Entwicklung, Sinneseinschränkung und körperliche Einschränkungen).
Ausgangs- und Mittelpunkt dieser Prozesse sind die Interessen von Schülerinnen und Schülern aus den beiden Sozialräumen, die eine Sonderschule besuchen und etwa zwei Jahre vor dem Ende ihrer Schulzeit stehen.